Kryotherapie in der Kältekammer: Behandlung mit Kälte

Bei der Kryotherapie handelt es sich um alle Formen der Kältebehandlung. Kältereize werden seit Jahrtausenden therapeutisch genutzt, um Schmerzen und entzündliche Leiden zu lindern sowie das Immunsystem und die Selbstheilungskräfte anzuregen. Die Ganzkörperkältekammer erzielt vor allem bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma große Erleichterung1.

Was ist die Kryotherapie?

Kryotherapie (Kältetherapie) ist der gezielte Einsatz von Kälte, um therapeutische Effekte zu bewirken. Bereits um 400 v. Chr. wurde die Kryotherapie (Kryo = Kälte) von Hippokrates in seinen berühmten Schriften erwähnt. Vom kalten Wickel bis hin zur Ganzkörper-Kryotherapie kommt seitdem Kälte in großer Bandbreite zur medizinischen Anwendung. In der europäischen Traditionsmedizin sind z. B. Kaltwasser-Anwendungen nach Kneipp ein fixer Bestandteil und werden in vielen Kurhäusern eingesetzt.

Die Anwendung von Kältereizen kann auf mehreren Wegen stattfinden. Die häufigsten lokal angewandten kryotherapeutischen Maßnahmen sind Wickel aus Eiswasser getränkten Tüchern, Kaltmoor oder Topfen, Eisbeutel, Eiskompressen, gefrorene Gelbeutel oder auch Kältesprays. Diese Maßnahmen finden in erster Linie bei Verletzungen ihre Anwendung.

Neben der lokalen Kryotherapie kommt außerdem die Ganzkörper-Kältetherapie zum Einsatz. Hier sind vor allem chronische Krankheiten wie z.B. Rheuma die hauptsächliche Indikation.

Beim Eistauchbad (etwa 1 bis 12 °C) taucht man den gesamten Körper für mehrere Minuten in das eisige Wasser, danach geht es ins vorgewärmte Bett. Extrem kaltes Wasser empfinden wir als äußerst unangenehm auf der Haut und nicht viele Menschen sind im Stande, sich einem Eistauchbad zu unterziehen. Eine wesentlich praktikablere Form der Ganzkörper-Kältetherapie ist jene mit kalter, trockener Luft in der Kältekammer. Obwohl man hier für einige Minuten Temperaturen um die minus 110 °C ausgesetzt ist, erträgt man diese in der Regel sehr gut.

Was ist die Ganzkörper-Kältekammer?

In den 1970er Jahren entwickelte ein japanischer Rheumatologe eine Ganzkörper-Kältebehandlung gegen rheumatoide Arthritis. In sogenannten Kältekammern setzt man sich für wenige Minuten eisigen Temperaturen von minus 110° C aus. Auf diese Kryotherapie setzen mittlerweile immer mehr ÄrztInnen und vor allem auch PatientInnen. Prof. Dr. Andreas Michalsen arbeitet am Immanuel Krankenhaus Berlin mit der Kältekammer und spricht dabei von beeindruckenden Effekten: „Schmerzen verschwinden, Entzündungen werden für Stunden oder sogar Tage gedämpft.“

Eine Frau vor einer Kältekammer bei der Kryotherapie

Was geschieht in der Kältekammer?

Bei der Ganzkörperkältekammer handelt es sich um ein Zweikammersystem. Um sich an die eisigen Temperaturen zu gewöhnen, geht man vorerst für 30 Sekunden in eine Vorkammer von minus 60 °C. Danach geht es weiter in die minus 110 Grad kalte Hauptkammer, in der man zweieinhalb Minuten verweilt. Dabei bewegt man sich, indem man langsam umher geht. Man trägt lediglich Badekleidung, Haube, Mundschutz, Handschuhe, dicke Socken und Turnschuhe.

Schmuck und eventuell vorhandener Hörapparat müssen abgelegt werden. Da es sich um eine extrem trockene Kälte handelt, hält man die eisigen Temperaturen gut aus. Die Überwachung erfolgt mittels eines audiovisuellen Systems durch eine Diplomkrankenschwester. Fühlt man sich nicht wohl, kann man die Kammer jederzeit verlassen.

Nach dem Besuch der Kältekammer wird die Haut stark durchblutet und beginnt zu kribbeln. Die meisten Menschen berichten auch von einem positiven Stimmungsumschwung, was an den Endorphinen liegt, die unser Körper durch diesen extremen Reiz produziert.

Im Anschluss wird je nach Verordnung ein medizinisches Bewegungstraining unter Anleitung von Physiotherapeuten durchgeführt.

Bei welchen Beschwerden hilft die Kältekammer? – Indikationen der Ganzkörper-Kryotherapie

Die Ganzkörper-Kältebehandlung wird vorwiegend bei Krankheiten des Immunsystems ohne bakterielle Ursache wie z.B. rheumatische Gelenkserkrankungen, Weichteil-Rheumatismus, Morbus Bechterew, Neurodermitis und Schuppenflechte (lindert Juckreiz) eingesetzt23. Besonders Gelenksentzündungen im akuten Entzündungsschub sollen gut auf die Kältebehandlung ansprechen.

Die Entzündungen klingen ab, schmerzende Gelenke werden wieder beweglicher und das Fortschreiten degenerativer Prozesse kann gebremst werden. Aufgrund der Schmerzlinderung bei z.B. Fibromyalgie und Rücken- oder Schulterschmerzen sind weniger Medikamente nötig (lese hierzu auch: MSM und Schmerztherapie) und physiotherapeutische Übungen können besser durchgeführt werden. Ganz allgemein lindert die Ganzkörperkältetherapie Schmerzen und zwar egal welche Ursache sie haben.

Wann wirkt Kryotherapie?

Indikationen der Kryotherapie-Behandlungen sind:

  • Chronisch entzündliche Gelenkserkrankungen
  • Chronisch entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen
  • Rheumabeschwerden, z.B. bei primär chronischer Polyarthritis oder Morbus Bechterew
  • Degenerative Gelenkserkrankungen (Arthrosen)
  • Psoriasis (Schuppenflechte) und Neurodermitis
  • Wirbelsäulensyndrome
  • Weichteilrheumatische Erkrankungen, z.B. Fibromyalgie
  • Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen)
  • Zustand nach Gelenks- und Wirbelsäulenoperationen
  • Akute Schmerzen4, z.B. akute Sportverletzungen oder nach Operationen
  • Asthma bronchiale (ausgenommen kälteinduziertes Asthma)
  • Gestörte Regulation des Muskeltonus (Spastik)
  • Restless Legs
  • Migräne
  • psychische Beschwerden wie leichte Depressionen

Weitere Anwendungsgebiete

  • (Leistungs-)Sportler gehen vor Wettkämpfen gerne in die Kältekammer, um die Leistungsfähigkeit zu steigern. Ebenso nach Wettkämpfen, um Muskelkater zu vermeiden und die Regenerationsphase zu unterstützen
  • Eine Serie von Kältekammergängen steigert das allgemeine Wohlbefinden und hat somit einen Wellness-Effekt.
  • Stimmung und Vitalität können sich verbessern.
  • Das Immunsystem wird angekurbelt.
  • Guter Schlaf kann gefördert werden.
  • Die Herz-Kreislauf-Funktion kann sich verbessern.

Diese Anwendungsgebiete ergeben sich vor allem aus Erfahrungsberichten von ÄrztInnen und PatientInnen. Wirklich repräsentative Studien sind derzeit auf diesem Gebiet rar.

Gibt es Nebenwirkungen bei der Ganzkörperkryotherapie?

Bevor man eine Kältekammer betreten darf, wird man ärztlich untersucht und bezüglich Kontraindikationen befragt. Man darf grundsätzlich nur dann in die Kältekammer gehen, wenn man sich weitgehend wohl fühlt und die folgenden Punkte nicht auf einen zutreffen:

  • Arterielle Durchblutungsstörungen (PAVK: Grad III-IV)
  • Koronare Herzkrankheit (KHK)
  • Nach Operation im Herzbereich
  • Herzschrittmacher
  • Schwere Formen von Herz-Rhythmus-Störungen
  • Schwere Herzerkrankungen (Herzinfarkt etc.)
  • Unbehandelter Bluthochdruck (Einlasskriterium: <160/90; Puls: <100)
  • Asthma, wenn bei Kälte Verschlechterung eintritt
  • Gefühlsstörung (kein Kalt-Warm-Empfinden)
  • Morbus Raynaud („Weißfingerkrankheit“)
  • Klaustrophobie (Platzangst), Panikattacken
  • Diabetes mellitus (wenn Neigung zu Unterzucker)
  • Schwangerschaft
  • Epilepsie/Schlaganfall/Hirnblutung
  • Venenthrombose/Lungenembolie
  • Akuter Infekt (Atemwege, Harntrakt)
  • Kälteallergie

Wenn die oben genannten Kontraindikationen ausgeschlossen werden können, kommt es in der Regel zu keinen Komplikationen durch die Kältekammeranwendung. Eine kurzfristige Rötung der Haut ist nicht ungewöhnlich, manchmal berichten Menschen auch von leichtem Juckreiz. Seltener kann es zu Schwindel kommen und sehr selten zu Angstzuständen mit Atemnot.

Schriftzug Leitfaden zur Detoxkur

Wie funktioniert Kryotherapie?

Der Kältereiz verändert zum einen die Sensibilität der Nervenzellen. Dies hat nicht nur eine schmerzlindernde Wirkung, sondern ist auch für den muskelentspannenden Effekt verantwortlich. Außerdem wird die tonische Aktivität der Muskulatur gesenkt, das heißt, die Muskulatur wird weicher. Das Ergebnis: Verspannungen lösen sich und damit mindern sich auch die Schmerzen5.

Ein weiterer Grund für die schmerzlindernde Wirkung könnte die Beeinflussung der Reflexbahnen durch den Kältereiz auf die gesamte Körperoberfläche sein sowie die Einwirkungen auf zentrale Steuerungsfunktionen. Auch die Ausschüttung von bestimmten Botenstoffen (Histamin, Serotonin, Endorphinen und/oder Zytokinen) kann sich durch die intensive Kälteeinwirkung günstig verändern. Die stark entzündungshemmende Wirkung von Kälte erklärt sich zum Teil daraus, dass durch eine verringerte Körpertemperatur die Aktivität der Entzündungsmediatoren gehemmt wird.

Letztendlich lässt sich die Initiation bestimmter Selbstregulationsmechanismen unseres Körpers nicht immer detailliert nachvollziehen. Vor allem die Naturheilkunde arbeitet mit dem Herauskitzeln der Selbstheilungskraft: Sie will den Organismus dazu anregen, seine Gesundheit aus eigener Kraft wiederzuerlangen. Durch die Verarbeitung gezielter und wohldosierter Reize wird der Körper quasi wachgerüttelt, seine Aufgaben zu erfüllen.

Wie lange dauert es bis zur Wirkung?

Bei vielen Patienten bewirkt die einmalige Anwendung der Kältekammer einige Stunden Schmerzlinderung oder sogar völlige Schmerzfreiheit. In dieser Zeit kann man physiotherapeutische Maßnahmen durchführen, um die Beweglichkeit einzelner Gelenke wieder zu erhöhen. Manche Patienten benötigen mehrere Anwendungen, um eine Besserung zu erzielen, dafür hält die lindernde Wirkung bei regelmäßigen Wiederholungen meist länger an. Optimal ist die Durchführung einer Kältekammer-Therapie im Rahmen eines Kuraufenthalts.

Bei regelmäßiger Anwendung (max. 2 Mal täglich mit 2 Stunden Pause dazwischen) über 2-3 Wochen haben Patienten mit chronisch entzündlichem Rheuma oder Arthrose eine gute Chance, kranke Gelenke wieder einigermaßen schmerzfrei beweglich zu machen. Dr. Maria Holzmann, ärztliche Leiterin im Gesundheitsresort Lebensquell Bad Zell, bestätigt langanhaltende Effekte.

Wo gibt es Ganzkörper-Kältekammern?

Kältekammern werden bisher vor allem in Kur- und Reha-Zentren eingesetzt und stehen bei entsprechender Indikation den Kurgästen zur Verfügung. Da die allgemein positiven Effekte von Kältekammergängen auf das Wohlbefinden bekannt sind, bieten mittlerweile auch vereinzelt Wellness- und Gesundheitshotels die vitalisierenden Eiskammern an.

Auch wenn große wissenschaftliche Studien hinsichtlich der Wirksamkeit von Ganzkörperkältetherapien rar sind, gibt es dennoch viele ÄrztInnen und AnwenderInnen, die von der erstaunlichen Wirkung der extremen Kältereize überzeugt sind. Ich selbst bin ein sehr kälteempfindlicher Mensch und halte z. B. eine kalte Dusche nur sehr schwer aus. Meine Erfahrung in der Kältekammer hingegen war bei weitem nicht so unangenehm, wie ich befürchtet hatte (Zum Erfahrungsbericht). Vor allem war ich im Anschluss extrem wach und gut gelaunt, denn mein Körper hat mich mit einem einwandfreien Endorphin-Schauer belohnt.

Leitfaden zur Detoxkur

Erfahre wie du richtig entgiften kannst und verpasse keine Neuigkeiten mehr:
Profilbild
Trage dich hier ein und lade das PDF-Booklet (23 Seiten) jetzt herunter!
ABSENDEN
  1. Physikalische Medizin, Armin Lange, Springer Verlag, Berlin 2002[]
  2. W. Papenfuß: Die Kraft aus der Kälte, Ganzkörperkältetherapie bei -110°C. Edition k, Regensburg, Wolfsegg, 2011[]
  3. Arnd Krüger: Ganzkörperkältetherapie. In: Leistungssport. 44(5), 2014, S. 25–26.[]
  4. Funktionelle Schmerztherapie des Bewegungssystems, Niemier/Seidel (Hrsg.), Springer Verlag, 2. Auflage, Berlin 2011[]
  5. Friedrich-Karl Sandmann und Prof. Dr. Andreas Michalsen: Heilen mit der Kraft der Natur: Meine Erfahrung aus Praxis und Forschung – Was wirklich hilft[]

Leitfaden zur Detoxkur

Erfahre wie du richtig entgiften kannst und verpasse keine Neuigkeiten mehr:
Profilbild
Trage dich hier ein und lade das PDF-Booklet (23 Seiten) jetzt herunter!
ABSENDEN
close-link