Fälle von Affenpocken werden aktuell zunehmend in verschiedenen Ländern verzeichnet. Warum erzeugen die Fälle eine so große Aufmerksamkeit in den Medien? Was sind Affenpocken eigentlich, wie gefährlich ist die Erkrankung und kann (muss) man sich davor schützen? Wir haben für euch die wichtigsten Informationen zusammengestellt.
Inhaltsverzeichnis
Was sind Affenpocken?
Aktuell wurde über Fälle von Affenpocken in zahlreichen Ländern Europas, inzwischen aber auch in den USA, Kanada in Südamerika und in vielen weiteren Regionen berichtet. Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen steigt seit dem ersten bekannten Fall in Großbritannien Anfang Mai 2022 stetig an. Deshalb stellt sich die Frage: Was sind Affenpocken? Und wie ist die Gefährlichkeit der Erkrankung einzuschätzen? Dazu haben wir uns den medizinischen Hintergrund und die aktuell verfügbaren Informationen für euch genauer angesehen.
Zoonose: Übertragung von Tieren auf Menschen
Auslöser der Affenpocken ist das Virus Orthopoxvirus simia, das auch Monkeypox virus (MPXV) genannt wird. Verwandt ist das Virus mit dem Pockenvirus. Über den Unterschied zwischen beiden Viren kannst du beim Punkt “Vorbeugung und Behandlung der Affenpocken” mehr lesen. Die Affenpocken sind eine klassische Zoonose, das heißt, eine Erkrankung, die Tiere befällt, aber unter bestimmten Umständen auf den Menschen übergehen kann1. Reservoirs für das Virus sind im Falle von MPXV vorwiegend Nagetiere wie verschiedene Arten von Bilchen, Hörnchen, Spitzmäusen oder Ratten, die auf dem afrikanischen Kontinent heimisch sind.
Warum heißt die Krankheit dann Affenpocken? Das liegt daran, dass Affen, genau wie Menschen, Fehlwirte sein können. Während das Affenpockenvirus bei Nagetieren kaum Krankheitssymptome auslöst, sind Affen, genauso wie Menschen, von sichtbaren Symptomen betroffen. Dadurch wurde das Virus zuerst in Affen bemerkt und danach benannt. Es ist aber keine Erkrankung, die vorwiegend Affen befällt.
Die Übertragung von Tieren auf Menschen ist auf verschiedene Weise möglich und betrifft vor allem Afrika, wo der Virus ursprünglich entstand und auch heute noch vergleichsweise häufig zu humanen Affenpocken-Erkrankungen führt. Mögliche Übertragungswege vom Nagetier auf den Menschen sind:
- enger Umgang mit erkrankten Nagetieren
- Jagd und Kontakt zu toten Tieren
- Verzehr von nicht durchgegartem Fleisch infizierter Tiere
- Bisse von Nagetieren
- Kontakt zu Sekreten oder Exkreten der Tiere
- Wie gelangte das Virus von Afrika in den Rest der Welt?
Seit den 1970er wurden in afrikanischen Ländern immer wieder Fälle von Affenpocken bei Menschen beschrieben. Das Virus trat in verschiedenen Ländern Afrikas auf, wobei in Zentralafrika eine gefährlichere Virusvariante verbreitet ist als in den westafrikanischen Ländern2. Einzelne Fälle in Europa oder den USA traten sporadisch immer wieder auf. Sie standen bisher immer im Zusammenhang mit Reisen in die betroffenen Länder in Afrika oder mit dem Import von Nagetieren als Haustiere aus Afrika. So traten 2003 über 70 Fälle von Affenpocken durch importierte Kleinsäuger in den USA auf.
Woher kommen die Affenpocken?
Im Mai 2022 kam es erstmals zu einer größeren Zahl an Fällen außerhalb der bekannten, afrikanischen Endemiegebiete. Bemerkenswert daran ist: Erstmals lässt sich die Ansteckung nicht auf Afrikareisen oder Kontakte mit afrikanischen Importtieren zurückführen. Es kam darüber hinaus zu vielen, kleinen Ausbruchsherden, deren genaue Ursache bisher immer noch unbekannt ist. Darum ist der aktuelle Ausbruch der Affenpocken äußerst ungewöhnlich und sehr präsent in den Medien. Momentan laufen zahlreiche Untersuchungen, die den Übertragungsweg aufklären sollen.
Eine mögliche Erklärung ist, dass die jüngeren Generationen nicht mehr gegen Pocken geimpft sind. Bei den älteren Generationen wurden viele Menschen noch gegen Pocken geimpft, was einen Affenpocken-Ausbruch verhindert haben könnte, da die Pockenimpfung auch einen guten Schutz gegen Affenpocken vermittelt3. Mehr dazu kannst du weiter unten nachlesen, wenn es um die Vorbeugung der Affenpocken geht.
Symptome von Affenpocken
Affenpocken sind deutlich weniger gefährlich als die echten Pocken und verlaufen bei den meisten Menschen relativ mild. Die Inkubationszeit liegt zwischen 5 und 21 Tagen.
Mögliche Symptome von Affenpocken:
- Fieber, vor allem plötzliches, hohes Fieber bis zu 40 Grad
- Schüttelfrost
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Halsweh
- Husten
- Abgeschlagenheit
- Appetitlosigkeit
- geschwollene Lymphknoten
Einige Tage später kommt es zum klassischen Leitsymptom, den Hautveränderungen: Es bildet sich ein Hautausschlag, der sich in Flecken, Knötchen, Bläschen, Beulen und Pusteln äußern kann. Meist bildet sich der Ausschlag im Bereich von Gesicht, Handflächen und Fußsohlen. Manchmal sind auch andere Hautbereiche wie beispielsweise der Urogenitaltrakt betroffen.
Der Verlauf der Erkrankung ist meist harmlos. Bei den meisten Menschen bilden sich die Symptome innerhalb von zwei bis vier Wochen komplett zurück, ohne dass Spätfolgen zu befürchten sind.
Schwere Krankheitsverläufe sind selten
Ein schwerer oder sogar tödlicher Verlauf der Affenpocken ist glücklicherweise sehr selten. In Afrika wird laut WHO von einer Sterblichkeit von 3 bis 6% berichtet. Aufgrund der schlechten medizinischen Überwachung in diesen Ländern, kann diese Zahl aber auch überhöht sein, gibt die WHO zu bedenken. Zudem gibt es mehrere Virusvarianten mit unterschiedlicher Virulenz.
- Die zentralafrikanische Virusvariante der Affenpocken hat eine größere Virulenz, verursacht also schwerere Symptome und ist infektiöser.
- Die westafrikanische Variante ist mit milderen Verläufen verbunden und gilt generell als harmloser.
Wer zählt zur Risikogruppe?
Allerdings gibt es Risikogruppen, die gefährdet für einen schweren Verlauf sein können.
- Patienten mit Immunschwäche oder immunsupprimierte Menschen (beispielsweise nach einer Transplantation) sind, wie bei jeder Infektion, wohl schwerer betroffen.
- Bei Schwangeren kann eine Infektion zu einer Fehlgeburt führen.
- Neugeborene und Kleinkinder, aber auch alte Menschen zeigen oft einen schweren Verlauf der Erkrankung und es gibt mehr tödliche Fälle.
Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, haben ein größeres Risiko der Ansteckung, da sie mit höherer Wahrscheinlichkeit mit Betroffenen in Berührung kommen.
Übertragung der Affenpocken: Wie steckt man sich an?
Affenpocken werden durch direkten Kontakt übertragen.
- Eine Tröpfcheninfektion, beispielsweise durch Anhusten, ist möglich.
- Ansteckungen über Gegenstände oder durch Sprechen ausgestoßene Partikel sind ebenfalls belegt, traten bisher aber nur bei Personen auf, die langen, engen Kontakt miteinander hatten.
- Häufig erfolgt die Ansteckung über direkten Körperkontakt oder Geschlechtsverkehr.
- Vor allem die Hautveränderungen und Krusten sind infektiös, aber auch Sekrete und Exkrete infizierter Personen enthalten den MPXV-Virus.
- Die Viren können über kleine Hautverletzungen oder über Schleimhäute eindringen.
Ist eine Ansteckung in der Inkubationszeit möglich?
Aktuell weisen Studiendaten darauf hin, dass Menschen in der Inkubationszeit nicht ansteckend sind. Erst bei Auftreten der Hautveränderungen wird der Affenpockenvirus in großen Mengen gebildet und in Sekreten abgegeben4. Man kann also, soweit es die Daten hergeben, sagen: Patienten ohne Symptome sind mit großer Wahrscheinlichkeit noch nicht ansteckend5. Das macht es relativ einfach, eine Weiterverbreitung zu verhindern, solange Betroffen und Ärzte bei Auftreten der oben genannten Symptome an diesen seltenen aber möglichen Auslöser denken und sofort entsprechend reagieren.
Vorbeugung und Behandlung von Affenpocken
Für viele Menschen stellt sich jetzt die Frage, ob ein Schutz vor Affenpocken möglich und nötig ist. Generell besteht aber keine Gefahr einer großflächigen Ausbreitung oder einer Pandemie. Zudem sind die Fallzahlen in Europa sehr niedrig. Im Falle einer weiteren Ausbreitung gibt es verschiedene Möglichkeiten zum Schutz.
Hilft die Pockenimpfung gegen Affenpocken?
Die Pocken wurden durch die Pockenimpfung weltweit ausgerottet. In Deutschland ist der letzte Fall 1972 aufgetreten. Daraufhin wurde die damals bestehende Pockenimpfpflicht 1976 schrittweise abgeschafft. In anderen Ländern verlief es sehr ähnlich. Dadurch sind viele ältere Menschen noch gegen Pocken geimpft, während die ab den 1970er-Jahren geborenen Generationen keine Pockenimpfung mehr erhielten.
Es besteht ein Unterschied zwischen echten Pocken und Affenpocken, allerdings sind beide Erreger Orthopocken-Viren und relativ nahe miteinander verwandt. Studien zeigen, dass die Pockenimpfung auch eine 85%ige Immunität gegen Affenpocken vermittelt. Dadurch kann der Ausbruch der Erkrankung zum Teil ganz verhindert werden. Beim Ausbrechen (man spricht dann von Impfdurchbrüchen), verlaufen die Affenpocken milder6.
Durch die Pockenimpfung kam es früher zu beträchtlichen Nebenwirkungen. Heute ist jedoch ein weiterentwickelter, besser verträglicher Impfstoff vorhanden, der gut erforscht ist und für den Notfall zur Verfügung steht7. Diskutiert wird in verschiedenen Ländern, ob enge Kontaktpersonen von Personen mit diagnostizierten Affenpocken geimpft werden sollen (eine sogenannte Ringimpfung). Selbst wenn die Impfung erst nach der Ansteckung während der Inkubationszeit erfolgt, kann sie den Krankheitsverlauf abmildern oder den Ausbruch der Affenpocken verhindern.
Wie beuge ich einer Ansteckung mit den Affenpocken vor?
Wie bei allen Viren, und wie wir es von Corona bereits kennen, tragen Standardmaßnahmen gut zur Vorbeugung einer Verbreitung bei:
- Hygienemaßnahmen wie Händewaschen oder Handdesinfektion
- sofortige ärztliche Diagnostik, wenn ein Verdacht auf Affenpocken besteht
- Vermeidung einer Übertragung bei nachgewiesener Infektion. Ob eine Quarantäne Betroffener nötig und sinnvoll ist, wird zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels noch diskutiert. Unter Umständen reichen auch andere Vorsichtsmaßnahmen aus.
- Behandlung der Viruserkrankung
Wie bei den meisten Viren ist eine direkte antivirale Behandlung schwierig. Es gibt ein Medikament (Tecovirimat), das in den USA und in der EU zur Therapie zugelassen ist, aber noch nicht in größerem Umfang zur Verfügung steht. Da die meisten Fälle von Affenpocken von selbst vollständig und folgenlos ausheilen, zielt die Behandlung meist vor allem auf die Linderung der Symptome ab. Auch die Verhinderung bakterieller Infektionen gehört oft zur Therapie, beispielsweise durch die Gabe von Antibiotika.
Fazit: Wie gefährlich sind Affenpocken wirklich?
Dass das Auftreten der Affenpocken medial große Aufmerksamkeit erzeugt, hängt weniger mit der Gefährlichkeit der Erkrankung zusammen, als mit der Ungewöhnlichkeit des Auftretens. Erstmals treten Affenpocken unabhängig von Afrikareisen und Nagetierimport außerhalb Afrikas auf. Deshalb ist es wichtig, dass sowohl bei Ärzten als auch bei Betroffenen das Bewusstsein für diese Erkrankung da ist. So kann bei Symptomen die richtige Diagnose gestellt und schnell reagiert werden.
Die geringe Zahl der Fälle, die geringe Ansteckungsrate und der meist milde Verlauf führen aber zu einem sehr überschaubaren Risiko, berichten RKI und WHO. Eine Massenausbreitung ist nicht zu erwarten. Und auch wenn die Menschen seit Corona natürlich sensibilisiert sind: Eine neue Pandemie wird es nicht geben.
Eine Pandemie ist nicht zu befürchten:
- Übertragung nur über direkten Kontakt: Dadurch sind Affenpocken nicht stark infektiös und Verbreiten sich nicht großflächig.
- Keine Ansteckung bei symptomfreien Patienten: Dadurch lässt sich die Ansteckung gut verhindern, wenn bei Symptomen sofort reagiert wird.
- Kurze Ansteckungsketten: Aufgrund der Übertragungswege (momentan war das häufig der sexuelle Kontakt) kommt es nicht zu “Superspreader”-Events, wie das beim Coronavirus der Fall war.
- Ein Impfstoff existiert bereits: Anders als bei Corona gibt es bereits eine wirksame Impfung und Medikamente.
Generell zeigt der Ausbruch der Affenpocken, wie es schon bei Corona der Fall war, dass der Umgang des Menschen mit Tieren nicht nur eine ethische Frage ist. Auch gesundheitliche Folgen wie das vermehrte Auftreten von Zoonosen entstehen durch illegale Jagd, Verzehr von Wildtieren und Import / Export von Tieren aus Wildfängen8. Ein bewusster Umgang mit Tieren, der Tierzucht und -haltung, dem Verzehr von Tieren und dem Import exotischer Tiere ist immens wichtig, genauso wie das weltweite Vorgehen gegen illegale Jagd und Tierfänge.
Die Affenpocken zeigen aber auch, dass wenige, einzelne Erkrankungsfälle in Europa und den USA ein riesiges mediales Echo hervorrufen. Dass seit den 1970ern unzählige Menschen in Afrika von den Affenpocken betroffen waren und viele Erwachsene, aber vor allem Kinder, jedes Jahr daran versterben, war der Öffentlichkeit so gut wie gar nicht bewusst. Eine systematische Bekämpfung der Erkrankung in den Endemiegebieten fand bislang kaum statt. Auch das sollte uns zu denken geben.
- Moore M, Zahra F. Monkeypox. In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan.[↩]
- Alakunle E, et al. Monkeypox Virus in Nigeria: Infection Biology, Epidemiology, and Evolution. Viruses. 2020 Nov 5;12(11):1257.[↩]
- Petersen E, et al. Human Monkeypox: Epidemiologic and Clinical Characteristics, Diagnosis, and Prevention. Infect Dis Clin North Am. 2019 Dec;33(4):1027-1043.[↩]
- Nitsche A, et al. Infektionen des Menschen mit Affenpocken. Flug und Reisemed 2019; 26:18-24. PDF[↩]
- Grant R, et al. Modelling human-to-human transmission of monkeypox. Bull World Health Organ. 2020 Sep 1; 98(9): 638–640.[↩]
- WHO. Fact Sheet: Monkeypox.[↩]
- Petersen BW, et al. Vaccinating against monkeypox in the Democratic Republic of the Congo. Antiviral Res. 2019 Feb;162:171-177.[↩]
- NATURE BRIEFING. Daily briefing: Why scientists are worried about monkeypox. 20 May 2022.[↩]
Bildquellen
- Affenpocken Pusteln: Marina Demidiuk | Shutterstock.com
Dr. Silvia Nold ist promovierte Biologin und hat eine abgeschlossene Ausbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin mit Schwerpunkt Ernährungslehre. Sie war mehrere Jahre in der medizinischen Diagnostik tätig. Dr. Nold schreibt für LPZ Publishing and Consulting LLC über Themen der Biologie, Medizin und Ernährung.